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Tier des Jahres 2004
Der Feldhase
 
           

2004  
 

Text: Pro Natura

Der Feldhase - Tier des Jahres 2004

Der Feldhase war das Tier des Jahres 2004. Denn sein Niedergang steht für viele Tiere und Pflanzen, die im Landwirtschaftsgebiet leben oder gelebt haben. Als Schirmart ist der Feldhase aber ein besonders wichtiger Zeiger für die Qualität unseres Kulturlandes. Gibt es viele Hasen, ist sein Lebensraum intakt und sichert unzähligen anderen Lebewesen das Überleben. Mit der Rückkehr der Ökologie in die Landwirtschaft bestehen berechtigte Hoffnungen auf ein Comeback des Feldhasen.

Wie sieht er aus?
Lange Ohren mit dunklen Spitzen, hellbraunes bis leicht gräuliches Fell, Stummelschwanz, das lustige Hoppeln: Jedes Kind kennt den Feldhasen (Lepus europaeus). Unverwechselbar ist er nur so lange man ihm im Flachland begegnet. In den Alpen lebt zudem der Schneehase (Lepus timidus), mit dem man den Feldhasen leicht verwechseln kann, zumal in einigen Alpentälern beide Arten nebeneinander vorkommen. Das Winterfell des Schneehasen ist schneeweiss, das Sommerfell graubraun; Ohren und Schwanz sind kürzer.
An wenigen, klimatisch günstigen Stellen der Schweiz kommt auch das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) vor. Es ist kleiner und zierlicher als der Feldhase, seine Ohren sind kürzer, das Fell grauer.

Wo lebt er?
Feldhasen leben in der Schweiz in allen offenen und halboffenen Lebensräumen vom Flachland bis in die Voralpen. Seine höchsten Vorkommen liegen auf 1800 m.ü.M. Ansonsten ist die Art in Europa, im europäischen Teil Russlands, in Kleinasien, Nahost und im Irak verbreitet. Sie fehlt nur in den arktischen Teilen Skandinaviens und weiten Teilen der Iberischen Halbinsel.

Eine Vorliebe hat der Feldhase für offenes Ackerland, Wiesen und Weiden, in denen verschiedene Kleinstrukturen Verstecke und Nahrung bieten. Siedlungen, Wälder und Obstgärten meidet er in der Regel. Zoologen vermuten, dass der Feldhase aus den baumlosen Steppen Osteuropas und Vorderasiens Mitteleuropa erobert hat. Das glückte ihm aber erst, nachdem die Menschen den Wald gerodet hatten und eine offene, artenreiche Feldflur schuffen.

Das frisst ein Hase
Der Feldhase liebt's vielseitig. Über 100 verschiedene Arten von Kräutern und Gräsern stehen auf seinem Speisezettel. Allerdings fressen Hasen am liebsten Süssgräser, Schmetterlingsblütler, Korbblütler, Kreuzblütler und Wegerichgewächse. Je nach Jahreszeit knabbern sie auch an Knospen, Zweigen oder Rinde. In intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten können Feldhasen auch Kulturpflanzen wie Weizen oder Gerste fressen.
Hasentiere fressen ihren eigenen Blinddarmkot. Dadurch entziehen sie ihm Nährstoffe, die der Körper bei der ersten Darmpassage nicht aufgenommen hat. Erst nach dem zweiten Darmdurchlauf scheiden Hasen den nunmehr harten und fasrigen Kot endgültig aus.

Das Hasenjahr
Schon mitten im Winter, meist ab Januar, treffen sich Männchen, Rammler genannt, und Häsinnen zur Brautwerbung und Paarung auf Feldern und Äckern. Dabei kommt es zu den spektakulären Verfolgungsjagden und Kämpfen zwischen den Häsinnen und den Rammlern. Je grösser die Rammlergruppe, desto grösser wird der Erfolg bei der Fortpflanzung. Die Häsinnen wählen sich die die stärksten Hasenmänner aus und paaren sich mit ihnen.

Nicht umsonst sind Hasen Fruchtbarkeitssymbole. Bereits im März (bei mildem Wetter früher) kann die Häsin zum ersten Mal Junge zur Welt bringen. Eins bis drei Häschen pro Wurf sind die Norm. Gelegentlich kommen 5 oder selten auch mehr Junge zur Welt. Die letzten Geburten können im September stattfinden. Im Mittel setzt eine Häsin pro Jahr 8 Jungetiere, im Maximum bis zu 20!

Junghasen sind Nestflüchter: Bei Geburt können sie sehen, hören, riechen und sind bereits recht selbständig. Bei Gefahr drücken sich die Häschen an den Boden; dank ihrer braunen Fellfarbe sind sie für Feinde kaum sichtbar. Die Fürsorge für die Jungen hält sich dagegen in Grenzen. Die Mutter säugt ihre Jungen 33 Tage lang. Danach sind die Jungen selbständig.

Die Jungen haben ein hartes Los. Nur eines von 10 Jungtieren wird das nächste Jahr erleben. Ein nasskalter Frühling macht vielen Jungen den Garaus. Die Junghasen fallen Fuchs, Marder, Greifvögeln und Eulen zum Opfer. Auch Hunde – mittlerweile die häufigsten Raubfeinde in Hasengebieten – dürften den Hasenbestand negativ beeinflussen. Häufig werden Feldhasen von Landwirtschaftsmaschinen getötet. Erwachsene Hasen hingegen haben kaum mehr natürliche Feinde. Sie sind zu gross, zu wendig (Haken schlagen!) und zu schnell. Nur Uhu oder Steinadler hätten genügend Kraft, um einen 5 Kilo-Hasen zu überwältigen. Die Lebenserwartung beträgt sofern der Junghase den ersten Herbst erreicht, trotzdem nur 1,43 Jahre. Das Höchstalter liegt bei 13 Jahren.

Der Drang, sich fortzupflanzen, lässt im Herbst stark nach. Die Feldhasen wechseln in den Winterpelz, der dichter ist. Auch wird das Fell ein wenig grauer. Die Nahrung wird karg. Doch schon ab Mitte Dezember werden die Männchen sexuell wieder aktiv.

Niedergang und Aufschwung
Seit 1950 sind die Hasenbestände in der Schweiz eingebrochen. Das sieht man eindrücklich an den Abschusszahlen. Noch 1953 schossen Jäger 75'000 Tiere. 2002 brachten sie noch 2230 Hasen zur Strecke, 1280 Tiere allein im Kanton Graubünden. Zum Vergleich: auf den Strassen starben 2002 über 716 Feldhasen. In nur 11 Kantonen verzichten die Jäger auf die Hasenjagd.

Zählungen der Vogelwarte Sempach haben gezeigt, dass in mehr als der Hälfte von 218 Zählgebieten nur 2-3 Tiere pro Quadratkilometer leben. Diese geringe Dichte ist kritisch; ein Zufall also, ob die Art dort ganz verschwindet oder sich wieder erholen kann. Erst 6 Tiere / km2 sind genug für eine sichere Zukunft. Fast sagenhaft muten deshalb die Zahlen von früher an, als 60 bis 80 Hasen pro Quadratkilometer keine Seltenheit war.

Seit 1997 geht es mit dem Hasen in einigen Zählgebieten wieder aufwärts, im Durchschnitt 8 Prozent pro Jahr. Die Forscher sehen die Ursache in der besseren ökologischen Qualität des Lebensraums, die durch ökologische Beiträge des Bundes an Landwirte zustande kamen. Allerdings schwanken Hasenbestände auch in guten Lebensräumen erheblich. Um sicher zu sein, dass der Aufwärtstrend anhält, müssen die Hasenpopulationen weiterhin überwacht werden.

Wo und wie beobachten?
Auch wenn Feldhasen selten geworden sind, lassen sie sich noch immer in weiten Teilen des Mittellandes beobachten, am besten in der Morgen- oder Abenddämmerung. Gute Chancen, einem Hasen zu begegnen hat man im Berner Seeland, in der Grenchner Witi (SO), im Wauwiler Moos (LU) oder im Klettgau (SH).

Weitere Informationen, Bilder und Kurzfilme bei Pro Natura.