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Spaziergang durch die Jahrtausende
25. Mai 2006

Text: Anzeiger von Uster (jho)
Bilder: Stefan Kohl

Steinzeit-Lochbeil
 
Pressebeitrag: (88 kB)

Archäologische Fundstellen zwischen Riedikon und Greifensee, Spaziergang durch die Jahrtausende

Römische Bauten und Siedlungsreste der Jungsteinzeit: Das Ufergebiet des Greifensees birgt viele Zeugnisse der Vergangenheit.
Wer den Auffahrtstag zu mehr nutzen wollte als zum blossen Ausspannen, der konnte am späten Nachmittag
von Riedikon nach Greifensee spazieren und dabei in eine Jahrtausende alte Welt abtauchen. Organisiert wurde die Exkursion von der Gesellschaft für Naturund Vogelschutz Uster, geleitet von drei Archäologen.

Phantasie walten lassen

Bereits zu Beginn forderte Patrick Nagy von der Kantonsarchäologie Zürich die Teilnehmenden dazu auf, während der ganzen Wanderung die eigene Phantasie walten zu lassen. Dank
rekonstruierten Bildern und der lebendigen Erzählweise der drei Archäologen wurde diese auch entsprechend angeregt. Am Seeufer bei Riedikon befand sich
in der Jungsteinzeit eine grosse Pfahlbausiedlung.
  Am Seeufer in Riedikon
Patrick Nagy in Aktion Kurt Altorfer, ebenfalls Mitarbeiter der Kantonsarchäologie
Zürich, zeigte anhand von Fotografien dickwandige Keramikgefässe, die in dieser Siedlung hergestellt worden waren.«Diese Keramikgefässe sind etwas furchtbar Wüstes. Jeder Student, der sich zum ersten Mal damit beschäftigt, denkt, die Menschen, die diese hergestellt haben, waren primitiv. Doch dasstimmt nicht, sie waren Meister in der Keramikverarbeitung. Man muss aufpassen mit solchen Vorurteilen», so Altorfer.

Zerstörung in der Neuzeit

In der Kiesgrube zwischen Riedikon und Uster hatte man beim Kiesabbau im 19. Jahrhundert interessante Funde aus
der römischen Zeit gemacht. Damals glichen aber die Ausgrabungen eher einer Schatzsuche. Es wurde vorwiegend nach besonders schönen Gegenständen
gesucht. Nagy wies an dieser Stelle auf ein wichtiges Problem in der archäologischen Arbeit hin.
So seien die letzten 150 Jahre verheerend gewesen für die archäologischen Fundstellen. Im Zuge der Industrialisierung und der daraus resultierenden Landschaftsveränderungen
seien viele, noch nicht entdeckte Fundstellen zerstört worden.
Einen wunderbaren Einblick in die Bronze- und in die Eisenzeit gaben die Schmuckstücke und Werkzeuge, welche
Gisela Nagy, freischaffende Archäologin, während des Rastens im Seebad Uster vorführte: schwere Armreifen aus
Bronze, welche die «Normalverbraucherinnen » getragen hatten, und dicke Glasreifen, welche die Handgelenke der damaligen «Schickeria» geschmückt hatten.
Auch die Männer trugen übrigens Schmuck. Vor allem bronzene Nadeln, die wahrscheinlich einen Umhang zusammenhielten.

Komplexes Wirtschaftsgefüge

Alle Teilnehmer waren fasziniert vom Spaziergang durch die Jahrtausende.
  bei der Kiesgrube zwischen Riedikon und Uster
Auf dem Holzsteg in den Storen   Besonders aber überraschten Kurt Altorfers Ausführungen bei Storen im Naturschutzgebiet zwischen Uster und Greifensee.
Auch hier befand sich einst eine grosse Pfahlbausiedlung, die vermutlich bis in die Bronzezeit hinein bestanden hatte. «Lange Zeit hatte man die Vorstellung, dass es sich bei solchen Siedlungen um idyllische kleine Dörfer gehandelt
hatte, doch in den letzten Jahren mussten wir diese Ansicht revidieren. Das Wirtschafts- und Handelsgefüge
war sehr komplex.»
Bewiesen wurde das unter anderem durch gefundene Dolche, deren Feuersteinklingen aus dem Mittelmeerraum
und aus Frankreich stammen. Die Menschen aus der Region Greifensee haben also mit Menschen aus diesen Regionen
Handel getrieben.

Schwierige Entscheidungen

Zum Schluss wies Altorfer auf heutige Schwierigkeiten der Archäologie hin.
Zum Beispiel produzieren die Motorboote im See Strömungen, welche Gesteinsschichten freilegen und sie somit der Erosion aussetzen. So könne innerhalb von zehn Jahren die Siedlungsschicht eines ganzen Jahrtausends zerstört werden. Und diese Quelle sei dann unwiderruflich
verloren. «Ausserdem muss ein Archäologe schwierige Entscheidungen treffen. Wenn ich entscheide, um welche
Fundstelle und welche Aspekte man sich kümmern soll und um welche nicht, dann entscheide ich, was der Nachwelt hinterlassen wird.» (jho)
  Feuersteinklinge aus dem Mittelmeerraum